Marit Lindberg
In diesem konzeptuellen Kunstprojekt wandert eine 1961 geborene Person durch den Bezirk Lichtenberg und reflektiert über Zeit, Geschichte und Umstände. Orte spiegeln die Vergangenheit wider, während ständig Neues geschieht.
Gegenwart und Vergangenheit existieren parallel, und in Berlin zu sein bedeutet, mitten in der europäischen Geschichte zu stehen. Im ehemaligen Ostberlin tauchen immer wieder kleine Details auf, die an andere Orte erinnern, aber auch etwas Besonderes für diesen Ort sind. Die Person erinnert sich an eine Postkarte, die in der Regel in Gedenkstättenmuseen aus der DDR-Zeit verkauft wird. Das Bild stammt aus dem Jahr 1961 und zeigt eine schmerzhafte Szene, in der eine Familie auseinandergerissen wird. Ein Elternteil klettert über eine Stacheldrahtrolle, während der andere mit einem Kind auf dem Arm zurückbleibt.
Vielleicht war das Kind nur wenige Jahre älter als die Person, die jetzt nachdenklich umhergeht. Hat das Kind den anderen Elternteil wieder gesehen? Haben sie sich 1989 versöhnt?
Die Person geht zum Ring-Center, einem Einkaufszentrum, das in seiner heutigen Form 1995 eröffnet wurde. Jetzt wird das Zentrum umgebaut. Es ist voll mit Gerüsten und die Geschäfte sind vorübergehend geschlossen. Stattdessen geht die Person in das Einkaufszentrum Castello Kiez in Lichtenberg und trinkt eine Tasse Kaffee.
Das Einkaufszentrum wurde im Jahr 2000 mit „kreativer Energie, aber ohne Präzision“ gebaut, wie es auf der eigenen Website heißt. (castelloberlin.de) Die Kosmonauten-Allee betritt man schon wegen des exotisch klingenden Straßennamens. Er erinnert an koloniale Bestrebungen, die der Vergangenheit anzugehören scheinen, obwohl sie sehr aktuell sind.
Die Person in dieser Arbeit wurde durch vier Cartoon-Papierpuppen dargestellt, die wie Marit Lindberg aussahen, aber wirklich jeder sein könnte. Die Papierpuppen wurden an verschiedenen Orten fotografiert. Jede Puppe wurde schließlich an verschiedenen Orten in Lichtenberg abgestellt.
Als die Puppen zum letzten Mal abgestellt wurden, wurden sie mit einem Text versehen: Ein 1961 geborener Mensch geht umher und denkt über Geschichte, Zeit und Zufälle nach.
Vielleicht hat jemand eine Puppe gefunden und ihre meditative Haltung als einen Akt des Widerstands gegen den sinnlosen Krieg und die Spannungen in der Welt verstanden?