Heather Lyon

Heather Lyon

Die Rummelsburger Bucht, ein Teil der Spree, begrüßte mich am Tag meiner Ankunft in Berlin in der Abenddämmerung. Die Wasservögel kamen mir rufend über das Wasser entgegen, Blesshühner, Schwäne, Stockente, Kanadagans. 52. Breitengrad. 13. Längengrad.

Ich kam in die Lichtenberg Studios auf der Suche nach Vögeln und einem bestimmten Blauton, Preußisch Blau/Berlin Blau. Ich hoffte, den Gesang der Vögel aufnehmen zu können, um daraus gemalte und genähte Bilder zu schaffen. Ich war nicht darauf vorbereitet, dass die Erinnerungen an meine Zeit in Frankreich in den Gesängen der Vögel – Ringeltaube, Blaumeise, Rotkehlchen – wiederkehren würden.

Blaumeise, Rotkehlchen. Blau war das erste moderne Pigment, das 1706 zufällig von einem Maler in Berlin verwendet wurde, der auf der Suche nach Rot mit Blut verunreinigte Pottasche benutzte.
Die daraus entstandenen Kristalle waren von einem leuchtenden Dunkelblau. Diese Farbe spielt in meiner Arbeit seit mehr als einem Jahrzehnt eine wichtige Rolle, und es lag nahe, dieses Blau an seinem Ursprungsort zu studieren. Ich fand es auf der Straße und in Altkleiderläden, in Baumwolle und Wolle.

Meistens fuhr ich mit dem Fahrrad oder ging zu Fuß an die Rummelsburger Bucht, um am Wasser auf tiefblauem Stoff zu sticken, den Gesang der Vögel aufzunehmen und die subtilen, aber stetigen Veränderungen des Frühlings zu beobachten. Ich sammelte Altkleider aus der Nachbarschaft, um sie für meine Stoffarbeiten zu verwenden, indem ich sie zu neuen Teilen und Formen zusammennähte, zu kleinen Quilts, zu einem Poncho für eine Performance. Die Stickerei wurde zu einer Vielzahl von blauen Linien und Zeichen von Vogelstimmen, die durch den durchsichtigen Stoff tauchten, aufstiegen, fielen, alles Rufe und Gesänge, die ich auf meinen Spaziergängen aufgenommen hatte.

Mai, 2023